Samstag, 24. Januar 2009
 
Henry O. aus Schubhaft entlassen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von SOS Mitmensch   
Dienstag, 5. Juni 2007

Am 19. Mai erhielt Susanna W. von ihrem Lebensgefährten Henry O. einen Anruf aus der Schubhaft. Er sei von Polizisten verprügelt und beschimpft worden, teilte er in einem knappen Telefongespräch mit. Als Susanna am nächsten Tag zu ihrem Mann vorgelassen werden wollte, wurde ihr dies trotz regulärer Besuchszeit verboten. Sollte da etwas vertuscht werden?

SOS Mitmensch fordert Transparenz bei Übergriffsvorwürfen

Nun wurde Henry O. aus der Schubhaft entlassen, in einem Gespräch hält er an den Vorwürfen fest. Begonnen hätten die Schwierigkeiten mit einem Beamten, "der mich schon länger im Visier hatte", so O.

Samstag 19. Mai, in der Früh: Als der 34-Jährige nach fünfminütiger Duschzeit noch nicht mit der Reinigung seiner Kleidung fertig geworden war, habe ihn der Beamte angeherrscht, O. solle "weiter tun", die Schubhaft sei kein Hotel. Weil es dem Beamten auch darauf hin noch nicht schnell genug gegangen sei, habe er die Türe zur Dusche geöffnet, wodurch O. entblößt vor den Hausarbeitern gestanden sei.

Schubhaft kein Hotel
Kurz vor Mittag habe O. mit Mitinsassen in der Zelle Musik gehört und getanzt. Der Beamte habe die Runde erneut mit der Bemerkung angefahren, "die Schubhaft sei kein Hotel" und angewiesen, die Musik auszuschalten. Weiters teilte er mit, dass er die Zelle versperren werde, und der tägliche Hofgang für die ganze Zelle gestrichen sei.

Darauf hin folgte O. dem Beamten um ihn zu informieren, dass er vom Amtsartzt wegen seiner Diabeteserkrankung tägliche Bewegung verschrieben bekommen habe. Der Beamte habe äußerst aggressiv reagiert, worauf es zur Eskalation der Situation gekommen sei. O. sei von herbeieilenden Beamten fixiert, von hinten gewürgt und geschlagen worden, so die Vorwürfe. O. dazu: "Der Beamte hat es nicht ertragen, dass ich mich nicht unterkriegen ließ und getanzt habe, weil es mir gut ging."

Einzelhaft
Die folgenden 24 Stunden verbrachte O. in Einzelhaft, angeblich ohne Licht, ohne Leintuch und ohne funktionierende Spülung. In der Früh habe er wegen starker Kopfschmerzen eine Tablette erhalten.

Inzwischen ist O. von mehreren ÄrztInnen untersucht worden: Die diensthabende Amtsärztin habe ihn Sonntags unter Anwesenheit des Kommandanten "oberflächlich" (O.) angeschaut und gesagt: "Sie haben nichts".

Widersprüchliche Befunde
Montags wurde der Mann erneut von Mitgliedern des Beirates untersucht. Aufgrund der Amtsverschwiegenheit ist davon nichts bekannt. Am Mittwoch suchte eine Mitarbeiterin der Kanzlei Pochieser den Häfling mit einem eigenen Arzt auf.

Dieser konnte noch fünf Tage später Spuren des Vorfalls diagnostizieren. Auch der verantwortliche Amtsarzt konnte bei einer anschließenden Untersuchung im Gegensatz zu seiner Kollegin Verletzungen feststellen.

"Ins Spital kommt er erst, wenn er kollabiert"
Begonnen hatte die Odysse bereits am 17. April. O. wurde bei einer Schwerpunkaktion in Favoriten festgenommen, da er nicht vom Ende seines Asylverfahrens informiert war und keine Beschwerde eingelegt hatte.

In Schubhaft wurde der Mann aus Nigeria bereits mit überhöhtem Zuckerspiegel eingeliefert, seine medizinischen Hilfsmittel wurden ihm verwehrt. In einem ersten Telefonat alarmierte O. seine Lebensgefährtin, die sofort intervenierte. Ein Sanitäter, mit dem sie telefonierte, teilte ihr lapidar mit: "Ins Spital kommt er erst, wenn er kollabiert".

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